Wissenswertes zur Schwangerschaft, Geburt und Stillzeit - Gespräch mit einer Hebamme
Mit der Schwangerschaft treten viele neue Fragen auf, wann muss ich mich um eine Hebamme kümmern, welche Vorkehrungen können getroffen werden, um gut in eine Schwangerschaft zu starten? Wie kann der Kinderwunsch unterstützt werden und welche Ressourcen stehen nach einer Geburt zur Verfügung? Lesen Sie die Antworten auf diese Fragen im Interview mit einer Hebamme des Geburtshaus Zürcher Oberland.
Was beinhaltet die Arbeit von Hebammen?
Die Befähigung zur Ausübung ihres Berufes erlangen Hebammen heute in einem anspruchsvollen, wissenschaftlich fundierten Studium. Unser Hebammenteam umfasst rund 20 Frauen, die mit regelmässigem Erfahrungsaustausch und Fallbesprechungen eine ganzheitliche Betreuung der Familien sicherstellen.
Viele Frauen wissen oft nicht, wie vielfältig heute die Aufgaben einer Hebamme bereits während der Schwangerschaft sind: Im Geburtshaus bieten wir umfassende Schwangerschaftskontrollen und Therapien (z.B. Akupunktur, Tapen) an, selbständig und auch in Zusammenarbeit mit anderen Fachpersonen. Eine Schwangerschaftskontrolle beinhaltet ein Gespräch über den aktuellen Zustand von Körper und Seele, Laboruntersuchungen und Einschätzungen zu Lage, Grösse und Entwicklungsstand des Kindes. Die Hebamme erkennt den gesunden Verlauf wie auch Abweichungen und leitet gegebenenfalls entsprechende Massnahmen ein. Viele Entscheidungen in der Schwangerschaft sind wegweisend für Geburt, Wochenbett, Stillzeit und Elternschaft. Wir legen darum Wert auf proaktive Informationen und Vorbereitungskurse durch versierte Hebammen im Haus.
Wir leiten Geburtshausgeburten seit 1993 mit lückenloser Betreuung, wir nennen das 1:1 Betreuung – eine zentrale Voraussetzung für die sichere, natürliche Geburt. Die Hebammen führen die Erst- und Zweituntersuchung des Babys durch. Im Geburtshaus bleiben die Familien 5 Tage im komfortablen Familienzimmer, werden 24/7 umsorgt, medizinisch kompetent begleitet und als Eltern gestärkt. Die Hebammen begleiten den Stillbeginn und die Babypflege. Instruktionen zum Abhalten, Tragen und zur Rückbildung gehören ebenfalls dazu.
Welche Vorkehrungen können getroffen werden, um gut in die Schwangerschaft zu starten oder den Kinderwunsch zu unterstützen?
Auf körperlicher und seelischer Ebene ist bei Kinderwunsch die beste Ausgangslage, wenn sich das Paar ausgeglichene, stressfreie, freudige und nährende Lebensumstände schafft und mit einer gewissen Leichtigkeit an diese Phase herangeht. Die Basis ist eine individuelle Balance zwischen Bewegung, Aktivität und Ruhe und Entspannung. Mit regulierenden Pausen im Alltag wird auch sinnbildlich «Raum» für das Kind geschaffen.
Der Körper ist das Zuhause des Babys, darum versorgt eine ausgewogene Ernährung alle Zellen mit vielen wichtigen Vitaminen und Mineralstoffen – Partner oder Partnerin machen am besten mit! Zusätzlich wird eine ausreichende Versorgung mit bioverfügbarer Folsäure empfohlen, die in Blattgemüse, Kartoffeln, Getreide und Leber enthalten ist. Wir empfehlen Frauen das komplette Basispräparat von Burgerstein «Schwangerschaft und Stillzeit». Weiter ist von Vorteil, wenn das Paar vor der Schwangerschaft das Rauchen aufgibt, es beeinträchtigt die Fruchtbarkeit von Mann und Frau.
Viele unserer Kursangebote sind speziell auf die Schwangerschaft ausgerichtet: Unser Vatercrashkurs ist eine wunderbare Vorbereitung unter Männern, um sich beim Abenteuer «Vater werden» mit wichtigen Fragen auseinanderzusetzen: Was will ich für ein Vater sein? Wie teile ich die kommenden Aufgaben mit meiner Partnerin auf? Wie baue ich eine tragende Beziehung zu unserem Baby auf? Im Cantienicatraininig werden die tiefen Muskeln im Körper trainiert, unser Stillvorbereitungskurs vermittelt dem Paar wichtige Informationen und auch ein persönliches Hebammengespräch kann gerade am Anfang viele Fragen beantworten und kann gerne in Anspruch genommen werden.
Welche Vorsorgemassnahmen empfehlen Sie, um mögliche Risiken für das Baby während der Schwangerschaft zu minimieren?
Wichtig sind regelmässige, ausgewogene Mahlzeiten, die in Ruhe und mit Freude genossen werden. Gut bekannt ist heute, dass Alkohol, Rauchen (auch E-Zigarette und Wasserpfeife) und Drogenkonsum das Wachstum und die Entwicklung des Kindes stören. Auch in den Wohnräumen und bei Umwelteinflüssen ist auf eine schadstoffarme Umgebung zu achten und giftige Stoffe zu vermeiden (Lösungsmittel, Pestizide usw.). Medikamente sollten mit dem Arzt/der Ärztin besprochen werden und andauernder Stress vermieden werden.
Welche Dinge sehen Sie im Geburtshaus, bei denen Sie sich mehr Aufklärung in der Bevölkerung wünschen?
Viele Frauen schätzen unsere Schwangerschaftsvorsorge sehr, wenn Sie diese kennengelernt haben. Das dürfte noch bekannter werden, da die Leistungen sogar aus der Grundversicherung gedeckt sind. Auch ist die Geburtsort-Vielfalt – zu Hause, im Geburtshaus, im Spital - oft wenig im Bewusstsein vieler Familien und eine neutrale Beratung und Information mit den jeweiligen Vorteilen und Risiken fehlt aus unserer Sicht.
Welche Massnahmen empfehlen Sie einer schwangeren Frau, die sich vegan oder vegetarisch ernährt?
Die Ernährungsform und auch Unverträglichkeiten erheben wir in der Anamnese. Vegetarierinnen, die Eier und Milchprodukte essen, sind meistens gut versorgt. Bei veganer Ernährung in der Schwangerschaft empfehlen wir immer eine Ernährungsberatung und sind mit diversen Fachpersonen vernetzt, denn die Versorgung mit allen wichtigen Nährstoffen ist bei dieser Ernährungsform sehr komplex und will ganzheitlich betrachtet werden. Im Wochenbett kochen wir übrigens täglich frisch und hauptsächlich vegetarisch und vegan.
Wie kann ich mich auf die postnatele Phase vorbereiten und welche Unterstützung und Ressourcen stehen mir nach der Geburt zur Verfügung, um mich bei d
Die Wochenbettzeit, ist eine Zeit, wo Heilung, Erholung, Ruhe und Wärme für Mutter und Kind eine wichtige Rolle spielt. Hier können Familien gut vorausplanen, Unterstützung für Haushalt und Tagesabläufe organisieren, Essen vorkochen usw. Es ist wertvoll, wenn sich die Eltern absprechen, wer welchen Beitrag leisten kann im Bewusstsein, dass gerade die Stillzeit viel Energie benötigt und Routineabläufe durcheinanderbringen kann.
Auch das Umfeld kann bereits vorinformiert werden, dass die ersten Tage in Ruhe und ohne Besuch/mit wenig Besuch verbracht werden möchten. Nachbetreuende Hebammen begleiten Familien bis längstens zum 56. Tag nach der Geburt zu Hause. Zusatzversicherungen übernehmen manchmal die Kosten von Haushaltshilfen. Im Geburtshaus bieten wir auch Stillberatungen an.
Wie kann ich mich auf das Stillen vorbereiten? Welche Ratschläge haben Sie, um den Stillprozess so reibungslos wie möglich zu gestalten?
Wir empfehlen unseren Stillvorbereitungskurs und gehen auch in den Schwangerschaftskontrollen auf das Stillen ein.
Ab welcher Woche sollte man sich um eine Hebamme kümmern?
Wir begleiten Frauen ab Beginn der Schwangerschaft im Geburtshaus, für eine nachbetreuende Hebamme zu Hause ist eine frühzeitige Organisation je nach Region und Jahreszeit (Sommerferien etc.) empfehlenswert. Auch unser Geburtshaus bietet eine ambulante Wochenbettbetreuung zu Hause an, Anmeldung hier.